Unsanftes Erwachen der Bündner Olympiaturbos
11.3.2017: Am 12. Februar sagte das Bündner Volk mit einer Mehrheit von 60% Nein zu neuerlichen Olympiaplänen. Die Olympiadebatte zeigte einmal mehr auf, dass echte Perspektiven für eine nachhaltige Entwicklung des Berggebietes noch zu entwickeln sind.
Die Olympiapläne wurden lanciert vom Bündner Wirtschaftsverband und unterstützt von der Regierung, dem Grossen Rat und zahlreichen kommunalen Behörden. Von den politischen Akteuren haben lediglich die SP sowie Verda und die Umweltverbände klar gegen den Kredit zur Ausarbeitung einer Olympiakandidatur Stellung bezogen.
Die Ablehnung war höher als bei der letzten Abstimmung im 2013, als es um eine Kandidatur von St. Moritz und Davos alleine ging. Dies erstaunt, da mehr Standorte in das Konzept einbezogen wurden und auch namhafte Wirtschats-Exponenten, die das Projekt im 2013 noch ablehnten, sich in die Ja-Kampagne einspannen liessen.
Vertane Chance zur Zukunftsdiskussion
Die Abstimmungskampagne war wie von früheren Olympiaabstimmungen gewohnt, geprägt von generellen wie auch persönlichen Verunglimpfungen der KritikerInnen von Olympischen Spielen. Die Chance, eine Diskussion über die wirtschaftliche Entwicklung der Berggebiete vom Zaun zu treten wurde vertan und die Auseinandersetzung wurde von den Befürwortern zur Glaubensfrage hochstilisiert. Den Olympia-Gegnern wurde vorgehalten, sie hätten seit der letzten Abstimmung keine Alternativen zur wirtschaftlichen Entwicklung von Graubünden aufzeigen können. Die Olympia-Befürworter, nota bene diejenigen die staatliche Einmischung ständig kritisieren, träumten hingegen vom milliardenschweren Geldregen aus der Subventions-Giesskanne und demonstrierten ihr eigenes Unvermögen, nachhaltige Perspektiven für die Zukunft im Berggebiet zu entwickeln.
Perspektivenlose Berggebiete?
Die Olympiadebatte zeigte einmal mehr auf, dass echte Perspektiven für eine nachhaltige Entwicklung des Berggebietes noch zu entwickeln sind. Problematisch in dieser Beziehung ist das immer noch zu weit verbreitete neoliberale Denkmuster, bei welchem die Berggebiete als periphere und wirtschaftliche schwache Regionen angesehen werden, die nur mit Mitteln aus den boomenden Wirtschaftszentren aufrechterhalten werden können. Hinzu kommt das Festhalten an den rückwärtsgerichteten Wirtschaftszweigen des Zweitwohnungsbaus sowie des Massen-Wintertourismus, das auf einer Negierung grösserer Zusammenhänge zurückzuführen ist.
Im Zeitalter der Individualisierung ist der Massentourismus ein Auslaufmodell. Die durch den Klimawandel bedingte technische Hochrüstung in den Skigebieten wird zur Kostenfalle, die dazu führt, dass die alpinen Destinationen in Gefahr laufen, sich im Kampf um die schwindende Zahl an Wintersportgästen gegenseitig zu zerfleischen. Der Ruf nach weiteren Subventionen, wie z. B. die 150 Millionen Beiträge à fonds perdu an die Bergbahnen, wie sie neuerlich im Kanton Wallis gefordert wurden, sind erst der Anfang.
Heimatschutz ist nur ein Vorwand
Die vom Zweitwohnungsstopp getroffene Bauwirtschaft hofft auf einen Coup mit der «Rettet unsere Maiensässe» Standesinitiative aus Graubünden. Im Berner Oberland sind ähnliche Bestrebungen lanciert, ungenutzte Heuschober und Alphütten ausbauen zu können, mit dem Vorwand diese vom Zerfall zu retten. Diese kurzfristigen Massnahmen dürfen von uns Grünen nicht unterstützt werden. Führen sie doch zu einer weiteren Zersiedelung, und damit zur Abnahme auch von touristischer Qualität und in eine weitere Selbstkannibalisierung. Als Grüne müssen wir zeigen, dass wir mit unseren Anliegen einer Grünen Wirtschaft oder auch mit dem Energiewandel auch für das Berggebiet nachhaltige Perspektiven ermöglichen