Der Bundesrat hat das Potential der temporären Herabsetzung der Restwassermengen auf das gesetzliche Minimum völlig überschätzt. Das sagte die Bündner Regierung bereits in der Dezembersession in ihrer Antwort auf eine Anfrage der GRÜNEN-Grossrätin Anita Mazzetta. Die Massnahme bringe deutlich weniger Mehrproduktion als vom Bundesrat ursprünglich angenommen, sagte Regierungsrat Mario Cavigelli. Der Bundesrat rechnete mit einer Zunahme der Stromproduktion von maximal 0.4% der durchschnittlichen inländischen Wasserkraftproduktion.

Wie die Erfahrungen in Graubünden und in anderen Kantonen zeigen, sind die Restwassermengen im Winter bereits so ausgereizt, dass kaum Potential für eine Mehrproduktion vorhanden ist. Der Grund: Viele Kraftwerke, die vor 1992 konzessioniert wurden, haben im Winter gar kein Restwasser oder weniger als das gesetzliche Minimum. Von den 18 Bündner Kraftwerken, die nach 1992 konzessioniert wurden, konnten nur vier von der Sonderregelung profitieren. Jedoch auch diese nur sehr beschränkt, weil sie nur geringfügig mehr als die minimale Restwassermenge nach Artikel 31 Abs. 1 Gewässerschutzgesetz abgeben.  

Ees zeigt sich so eindrücklich, dass die Wasserkraft die Flüsse und Bäche heute übernutzt. Erst mit der Neukonzessionierung der Anlagen wird sich die Restwassersituation nach und nach verbessern. Doch damit nicht genug. Noch bevor endlich minimale Restwassermengen in unseren Flüssen und Bächen fliessen, versucht das Parlament in Bern, das Gewässerschutzgesetz auszuhebeln. So hat der Nationalrat kürzlich beschlossen, die Restwasservorgaben bis 2035 zu sistieren. Die GRÜNEN Graubünden erinnern das Parlament daran, dass die Mindestrestwassermengen das Existenzminimum für die Fische und KWasserlebewesen bedeutet. «Diese Mindestmengen, die sich an Beobachtungen in der Natur orientieren, stellen gewissermassen das Existenzminimum für die Wasserlebewelt dar», schrieb der Bundesrat 1987 in der Botschaft zur Revision des Gewässerschutzgesetzes. Würde diese unterschritten, käme dies praktisch einer Opferung der biologischen Funktion des Gewässers gleich.

Der Entscheid des Nationalrates, die Restwasservorgaben bis 2035 zu sistieren, muss darum vom Ständerat korrigiert werden. Das gleiche gilt für den Schutz der Gletschervorfelder und alpinen Schwemmebenen. Der Nationalrat will verhindern, dass weitere dieser urtümlichen und artenreichen Gebiete unter Schutz kommen können. Wird das nicht korrigiert, kommt (wohl) ein Referendum.

Weitere Auskünfte erteilen:

  • Kaspar Schuler, Vorstand GRÜNE Graubünden, 079 702 86 52
  • Anita Mazzetta, Co-Präsidentin GRÜNE Graubünden, 076 500 48 18

 

 

Restwasser Null im Rein da Sumvitg
Der Rein da Sumvitg wird bis zum letzten Tropfen genutzt © A.Mazzetta